Willi42, die Indianer und ich
Am Elbufer in Dresden Pieschen gibt es einen historischen, mit Sandsteinen gepflasterten Treidelpfad. Der Weg begleitet den Fluss und ist bei Spaziergängern beliebt.
Läuft man dort entlang, besonders bei tief stehender Sonne, fallen nach und nach Initialen, Zeichen und Symbole ins Auge, mit Absicht oder nur zur Zerstreuung über Jahrzehnte hinweg von den Menschen am Fluss eingeritzt. Eines der ältesten datiert auf 1931. Darstellungen von Panzern, Kanonenbooten, Hakenkreuzen, SS-Runen, zerstörten Hakenkreuzen, kyrillischen Buchstaben, Hammer und Sichel, dem russischen Stern, Flaggen der Alliierten, dem FDJ-Symbol oder den Olympischen Ringen erzählen von deutscher Geschichte und politischen Überzeugungen, dazwischen immer wieder Liebesherzen, Geburtstage, Meerjungfrauen, die Beatles, Schiffe, Indianer oder Cowboys.
Zeichen historischer Zeitläufte und privater Biographien vermischen und verdichten sich auf berührende Weise und machen den Weg zu einem Zeitzeugen. Die Wirkung des Ortes verstärkt sich noch durch das Miteinander von Fluss, Wetter und Weg, den großen Symbolen für Zeit, Vergänglichkeit, Erneuerung und den Lebensprozess an sich:
„Als ich das erste das erste Mal […] [dorthin] gekommen war, hatte ich einen Augenblick lang Mitleid für alle Menschen empfunden, die gelebt hatten, lebten und noch leben werden.“ Arno Geiger, Der alte König im Exil
Die Künstlerin Anja Jurkenas beschäftigt sich seit langem mit diesem Weg am Fluss und versucht ihre Faszination für den Ort zu begreifen. Aus einer Mischung von archäologischen und künstlerischen Techniken entstehen Fotografien, Zeichnungen, Objekte dazu sowie Abklatsche der Steinzeichen. In der Ausstellung sollen einzelne Serien dieser Arbeiten in ein poetisches Zusammenspiel gebracht werden.
Ausstellungseröffnung Freitag, 17.06. 2022, 19:00 Uhr
Intro von Ferdinand Vicončaij
Im Rahmen der Ausstellung finden Kurse zu Kreativen Techniken einzelner Objekte statt
2. Juli 2022, 14-17 Uhr Abklatsch
3. Juli 2022, 14-17 Uhr Asiatischer Drachenbau
Willi42, die Indianer und ich entsteht in Kooperation mit der Kreativen Werkstatt Dresden e.V. und UN SICHTBAR, einem Projekt der AG Erinnerungskultur des Zentralwerk e.V.
Im Rahmen von Un Sichtbar kann der Arbeitsprozess der Künstlerin in einem online-Tagebuch auf Instagram verfolgt werden: willi42_die_indianer_und_ich
Gefördert durch Stipendium “Denkzeit” der Kulturstiftung des Freistaates Sachsen 2020